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IGNORIERT

Test: Nobody Wants to Die


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RELEASE 17.07.2024 | PLATTFORM PS5 | ENTWICKLER Critical Hit Games | PUBLISHER Deep Silver/Plaion | GENRE Narrative Adventure  

 

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Nobody Wants to Die – der Unreal Engine 5 bei der Arbeit zusehen 

Mit "Nobody Wants to Die" hat das polnische Studio Critical Hit Games sein erstes Werk vorgelegt. Erste Trailer und Gameplay-Videos zeigten eine dystopische Cyberpunk-Welt mit Film-Noir-Einflüssen und starken Blade-Runner-Vibes in einer bombastischen Grafik, die sich die Power der Unreal Engine 5 zu Nutze macht. Der gelernte Gamer weiß jedoch, dass Grafik, insbesondere Grafik in Trailern, nicht alles ist und sich schon so manche vermeintliche Grafikperle beim Spielen als austauschbare Beschäftigungstherapie ohne Höhepunkte entpuppt hat. Reiht sich das Erstlingswerk von Critical Hit Games in diese Kategorie ein oder schafft es das polnische Studio, uns Spieler auf eine interessante Reise durch eine Cyberpunk-Version unserer Zukunft mitzunehmen? Diese Frage versuche ich im nachfolgenden Test zu beantworten.  

 

Ewiges Leben – wenn du es dir leisten kannst

New York im Jahr 2329. Jahrhundertelanges Business as usual hat aus der Erde einen unwirtlichen Ort gemacht. Das Sonnenlicht dringt schon lange nicht mehr durch den dichten Dunst, der sich über die großen Städte gelegt hat. Regelmäßiger saurer Regen stellt eine permanente Gefahr für die Gesundheit der Menschen dar (wenn sie sich nicht regelmäßig dekontaminieren lassen) und ein Großteil der Fauna und Flora ist ausgestorben. Dennoch hat sich ein Menschheitstraum erfüllt: ewiges Leben. Durch eine Technologie, die in der Mitte des 21. Jahrhunderts entwickelt worden ist, kann das komplette Wesen eines Menschen inklusive seiner Erinnerungen in einem sogenannten Ichorit gespeichert und damit auf andere Körper übertragen werden. Die Netflix-Serie "Altered Carbon" lässt grüßen.

 

Das Ganze hat aber natürlich einen Haken. Neue Menschen und somit neue Körper werden immer noch klassisch über Geburten erschaffen. So hat die Regierung alle Körper kurzerhand zum Staatseigentum deklariert und wer es ab dem 21. Lebensjahr nicht schafft, die jährliche Leihgebühr für seinen eigenen (!) Körper zu zahlen, dessen/deren Wesen inkl. Erinnerungen wandert in eine Ichorit-Bank und sein/ihr Körper wird an einen anderen, finanziell potenteren Mitmenschen versteigert. Kurz gesagt; die Reichen schnappen sich die Körper der Armen und die Wesen der Armen landen im Tiefkühler.  

 

Neues Leben, neuer Fall

Unser Charakter, James Karra, hat aber Glück. Er ist ein Mitglied der New Yorker Polizei und somit kann er bereits zwei Wochen, nachdem sein Körper während eines Einsatzes bei einem fatalen Zugunglück vernichtet wurde, wieder in einem neuen Körper den Dienst antreten. Für James ist es bereits der vierte Körper und somit der dritte Ichorit-Transfer. Da James die nach einem Körperwechsel obligatorischen Routinetests noch nicht absolviert und mit Nebenwirkungen zu kämpfen hat, bekommt er eine junge Kollegin, Sara Kai, als Partnerin – diese unterstützt ihn per Funk, ist keine dreißig und kennt somit die Tücken einer Ichorit-Transplantation nur vom Hörensagen.

 

Die beiden haben einen Nobody-Wants-to-Die_Bild1.pngschlechten Start. Auf der einen Seite James, der (etwas zu stereotyp dargestellte) abgehalfterte und zynische Cop, der kürzlich seine Frau verloren hat, Zuflucht in Zigaretten und Alkohol sucht und sich durch seinen neuen Sidekick eingeschränkt und bevormundet fühlt. Auf der anderen Seite Sara, eine junge, ehrgeizige und aufstrebende Polizistin, die vor allem ihre Karriere im Fokus hat und aufgrund des schlechten Rufs ihres neuen Partners befürchtet, selbst bei ihren Vorgesetzten in Ungnade zu fallen. Ihr erster gemeinsamer Fall, ein vermeintlicher Selbstmord eines A-Promis, hört sich zunächst nach Routinearbeit an. Doch schon bald zeigt sich, dass hier wesentlich mehr dahintersteckt.

 

Gleich zu Beginn des Spiels wird klar: Den Entwicklern dürfte Blade Runner nicht ganz unbekannt sein. James sitzt während des ersten Gesprächs mit Sara in seinem fliegenden Auto und wirft währenddessen einen Blick auf die düsteren, mit Neonschildern und Werbe-Hologrammen gespickten Straßenschluchten von New York. All das erinnert sehr stark an Ridley Scotts Verfilmung von Philip K. Dicks Roman "Do Androids dream of electric sheep?" mit einer Prise Bioshock und Cyberpunk 2077. Allerdings haben die Entwickler bei Critical Hit Games ein bisschen 40er-Jahre-Flair beigemischt. So erinnern die fliegenden Karossen sehr stark an Modelle aus den 1940ern und auch die Hologramme tragen Mode aus dieser Epoche.

 

Das New York in 2329 wird dabei von der Unreal Engine 5 bombastisch in Szene gesetzt. Was das kleine polnische Entwicklerteam hier auf dem Grafik-Sektor leistet, kann mit großen AAA-Produktionen problemlos mithalten. Die Straßenschluchten, die James auch gerne mal auf der Motorhaube seines Autos sitzend und mit einer Whiskeyflasche in der Hand beobachtet, sind äußerst detailliert gestaltet. Auch die Innenräume, bei denen Blade Runner als Inspirationsquelle ebenfalls nicht geleugnet werden kann, sind mit tollen Texturen und beeindruckenden Licht-, Schatten- und Partikeleffekten ausgestattet. Teilweise fallen kleinere Texturfehler oder kleine, unnatürlich schimmernde Stellen auf, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Dazu kommt die passende Musik, die dem Spiel einen ordentlichen Film-Noir-Touch verleiht. Da man James aus der Ego-Perspektive spielt und bei gewissen Aktionen und Einstellungen auch Teile seines Körpers zu sehen bekommt, fühlt man sich rasch so, als würde man selbst in einem spannenden Detektiv-Film mitspielen. So geht gute Immersion in Videospielen.

Hinweise suchen, rekonstruieren, Schlüsse ziehen – rinse and repeat

Der erste Tatort befindet sich im Penthouse eines Wolkenkratzers, der einem der mächtigsten Männer New Yorks gehört, Edward Green. Er war einer der Ersten, der sich Mitte des 21. Jahrhunderts in einen neuen Körper verpflanzen hatte lassen, hat also schon mehr als 200 Jahre auf dem Buckel bzw. im Ichorit. James und Sara, die die Vorgänge über James' Bodycam mitverfolgt, bietet sich ein bizarrer Anblick. In einer Art Foyer mit einem verbrannten Baum hängt ein lebloser Körper von der Decke.

 

Eine erste Inspektion der Leiche zeigt recht schnell, dass nicht nur Greens aktueller Körper, sondern auch sein Ichorit hinüber ist und er somit unwiederbringlich tot ist. Abgesehen davon gibt der Tatort zunächst wenig Aufschluss über das, was dazu geführt haben könnte. Da kommen James' Gadgets ins Spiel. Neben einer normalen Fotokamera, die James vor allem benutzt, um interessante (tote) Personen oder Objekte für Sara zu dokumentieren, verfügt er über einen Rekonstruktor. Dieses mächtige Tool an seinem Handgelenk erlaubt es James, den Tathergang zu rekonstruieren, sofern er zuvor genügend Hinweise darüber gefunden hat. Dazu sucht man den Tatort nach diesen ab, interagiert mit ihnen und beginnt mit der Rekonstruktion, sobald man genügend Informationen gefunden hat. Zum Rekonstruieren muss man ein einfaches Minispiel mit den Schultertasten absolvieren. Das ist aber so einfach, dass längeres Gedrückthalten einer beliebigen Taste auch gereicht hätte.

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An einigen Stellen muss James auch eine Art Röntgen-Lupe nutzen, um z.B. den Verlauf von Kabeln in Böden und Wänden oder die Flugbahnen von Projektilen sichtbar zu machen. Zum Verfolgen von Blutspuren oder anderen Flüssigkeiten hat James auch noch eine UV-Lampe bei sich. Neben Hinweisen und Erinnerungen aus der Vergangenheit kann James noch weitere interessante Dinge finden, die meist etwas Hintergrund zur Geschichte oder der allgemeinen Lore liefern. Es lohnt sich somit, jedes Areal genau zu erkunden, sofern man an solchen Infos interessiert ist. Vorteile (abgesehen von ein paar Trophäen, die mit einzelnen Fundstücken verbunden sind) erhält James dadurch allerdings nicht.

So großartig diese Untersuchungen auch grafisch inszeniert sind, fehlt dabei doch etwas der spielerische Anspruch. Bei den Untersuchungen gibt es kein Zeitlimit und auch keine falschen Fährten und es ist somit nur eine Frage der Zeit, bis man alles rekonstruiert hat. Am Ende besprechen James und Sara den Fall, indem die Erkenntnisse auf einer Art horizontalem Anschlagbrett kombiniert werden müssen, ehe man die richtigen Schlüsse daraus gezogen hat. Auch hier kann man ohne Zeitlimit herumprobieren (notfalls mittels Trial-and-Error), bis man alles richtig miteinander verknüpft hat und die Geschichte weitergeht. Dieses "Gameplay" ändert sich auch nicht mit Fortdauer des Spiels.

 

Trotzdem blieb das schrittweise Rekonstruieren für mich bis zum letzten Tatort spannend. Zum einen, weil das Spiel damit in Kombination mit dem Einsatz der Egoperspektive eine tolle Immersion schafft, und zum anderen, weil es durch das nahtlose Vor- und Zurückspulen der rekonstruierten Szenen und das Betrachten dieser aus verschiedenen Blickwinkeln möglich ist, Details zu erkennen, die man durch das einfache Abspielen einer Aufnahme, z.B. von einer Überwachungskamera, niemals hätte entdecken können. Im Prinzip ist der Rekonstruktor die Weiterentwicklung des Esper-Computers zur Analyse von Fotos aus Blade Runner, nur in 3D und in Echtzeit.

 

Vorgetäuschte Entscheidungsfreiheit – zum Wohle einer immersiven Story

Neben den Rekonstruktionen entwickeln sich die von den Synchronsprechern Keaton Dalmadge und Phillip Sacramento sehr gut eingesprochenen Dialoge zwischen Sara und James zunehmend zu einem Highlight des Spiels. Zu Beginn gibt es die bereits angesprochene gegenseitige etwas klischeehafte Abneigung und beide sind eher damit beschäftigt, sich gegenseitig zu belehren als zu helfen. Als erster Icebreaker agiert dann eine Vitrine, in der Green Artefakte aus der Vergangenheit aufbewahrt, um deren Geruch zu konservieren. Als Sara eine Tafel Schokolade in einem Glas erblickt, bittet sie James inständig, für sie daran zu riechen und den Geruch zu beschreiben. Auch wenn sich James damit sichtlich schwertut, bedankt sich Sara am Ende zufrieden. Schokolade wirkt wohl immer. Im weiteren Verlauf der Geschichte entwickelt sich ihre Beziehung immer mehr zu einer vertrauensvollen Partnerschaft. Dies wird durch ein persönliches Treffen der beiden, bei dem James einige überraschende und auch sehr persönliche Details über Sara erfährt, noch verstärkt.

 

Bei den Dialogen und verenobody-wants-to-die_Bild3.jpginzelten entscheidenden Szenen gibt es immer wieder mehrere, sich ausschließende Optionen zur Auswahl. Bei gewissen Entscheidungen wird dann ganz in Telltale-Manier der Hinweis eingeblendet, dass diese Entscheidung einen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Geschichte nehmen wird. Tatsächlich hält sich der Einfluss bei den meisten dieser Entscheidungen, ebenfalls ganz in Telltale-Manier, aber in sehr engen Grenzen und es wird lediglich eine zusätzliche Dialogoption in einem späteren Gespräch freigeschaltet.

 

Einige der getroffenen Entscheidungen haben aber zumindest einen Einfluss darauf, welches der beiden Enden des Spiels man zu Gesicht bekommt. Eine Geschichte mit vielen verschiedenen Wendungen und Erzählsträngen wie z.B. bei "Detroit become Human" darf man sich hier also nicht erwarten. Dafür konzentriert sich das Spiel auf eine lineare, etwas bizarre, aber gut erzählte Story, die über die relativ kurze Spielzeit sehr gut unterhaltet. Nach dem ersten Tatort finden die beiden im weiteren Verlauf des Spiels heraus, dass nicht nur Green, sondern ein Großteil der Elite der Stadt Opfer eines vermeintlichen Serienkillers geworden ist. Im Gegensatz zu Green blieben deren Ichorite aber intakt.

Neben der Suche nach dem Drahtzieher hinter den Morden dreht sich die Story auch um die Tücken der Unsterblichkeit (so hat James zum Beispiel mit der Drogensucht des ursprünglichen "Besitzers" seines aktuellen Körpers zu kämpfen), dem Sinn des Lebens und dem Leben nach dem Tod. Während James' und Saras Geschichte gut zu Ende erzählt wurde, blieben bei der Suche nach dem Mörder bzw. dessen Motiv für mich am Ende zu viele Fragezeichen, mein einziger wirklicher Kritikpunkt an der Geschichte.


Barrierefreiheit

Die Einstellungen für Barrierefreiheit halten sich bei "Nobody Wants to Die" in Grenzen. Im Wesentlichen gibt es Einstellungen für Untertitel (die Sprachausgabe ist generell in Englisch, Untertitel in Deutsch können eingestellt werden), die Empfindlichkeit und Totzonen der Kamera sowie die Möglichkeit, die X- und Y-Achse zu invertieren. Auch die Fadenkreuzgröße und Farbe können angepasst werden.

 

Trophy-Check

Das Spiel hat inklusive Platin 27 Trophäen (7 Gold, 9 Silber und 10 Bronze) zu bieten. Neben einigen storybedingten Trophäen hat das Spiel 11 verpassbare Trophäen sowie jeweils eine Trophäe für eines der beiden Enden. Es gibt keine Sammeltrophäen. Das Spiel hat keine manuellen Saves, es empfiehlt sich daher, jeweils am Beginn eines Kapitels einen Save in die Cloud zu laden, um bei Bedarf eine verpasste Trophäe schnell nachholen zu können. Für die verpassbaren Trophäen und die beiden Enden gibt es unter anderem hier im entsprechenden Spieleforum Guides, die einem das Leben sehr erleichtern. Mit Guides und einem Save zum rechten Zeitpunkt für das Erspielen des zweiten Endes kann man alle Trophäen in einem Durchgang plus einer zusätzlichen halben Stunde für das zweite Ende erspielen. Abgesehen davon gibt es keine schwierige Trophäe. Mit Guide würde ich daher die Schwierigkeit der Platin zwischen 2 und 3 von 10 bewerten.

 

Fazit

Das Spiel kann einerseits mit seiner atmosphärischen Inszenierung, getragen von der tollen Grafik und dem passenden Soundtrack, und andererseits mit zwei tollen, wenn auch teilweise etwas zu klischeehaft geschriebenen Charakteren, punkten. Das Gameplay ist zwar relativ anspruchslos und repetitiv, aber es erfüllt seinen Zweck, indem es den Spieler gerade so weit einbindet, dass er voll in die Welt von Nobody Wants to Die eintauchen kann. Dies wird auch durch die relativ kurze Spieldauer begünstigt, die das Aufkommen von Langeweile verhindert. Einziger Kritikpunkt ist die meiner Meinung nach unbefriedigende Auflösung der Mordfälle. Hier blieb das Spiel für mich zu vage und ließ mich etwas ratlos zurück. "Nobody Wants to Die" ist für Spieler, die gerne narrative und immersive Abenteuer erleben wollen, jedenfalls zu empfehlen, vor allem bei dem sehr fairen Preis von 24,99 Euro. Freunde von rasanter Action und/oder knackigem Gameplay werden hier hingegen wohl eher früher als später den Controller gelangweilt aus der Hand geben.

8/10

 

 

Euer

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Bearbeitet von glupi74
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