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IGNORIERT

Bewertet das Spiel bzw. den Spielspaß


  

24 Stimmen

  1. 1. Bewertet das Spiel bzw. den Spielspaß

    • 1 - sehr schlecht
      0
    • 2 - schlecht
      0
    • 3 - geht so
    • 4 - unterdurchschnittlich
    • 5 - durchschnittlich
    • 6 - ganz gut
    • 7 - gut
    • 8 - sehr gut
    • 9 - überragend
    • 10 - absolut genial
Durchschnittsbewertung: 6.83


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Ich habe mit einer 7 gestimmt.

 

Die Schauwerte von Tokio sowie eine über weite Strecken tolle Grafik und Atmosphäre täuschen über die die spielerischen Schwächen und die maue Story hinweg, die ich hier nicht spoilern werde.

Zunächst einmal: mehr Tokio geht einfach nicht. Wer sich durch ein paar der japanischen Visual Novels geklickt oder vielleicht DIgimon Story Cyber Sleuth, bzw.Tokyo Twilight Ghost Hunters gezockt hat dürfte die Szenerie kennen - die Shibuya Kreuzung ist selbst dem Ortsfremden der japanischen Hauptstadt bekannt und auch hier ein wichtiger Schauplatz.  Dennoch ist es ein Open World Titel, der bei voller Aufdeckung der Karte schnell offenbart, was diese Spiele als gemeinsame Schwächen haben: je weiter man sich von den opulent gestalteten, farbenfrohen Örtlichkeiten entfernt, umso hässlicher wird es dann.  In den Vororten sieht jedes Haus gleich aus, ebenso die Dächer.

 

Überhaupt die Dächer Tokios: ihr verbringt auf dem Weg zur Platin einen Großteil der Zeit damit, sich irgendwie von Dach zu Dach zu manövrieren, um Geister und anderen Sammelkrams zu finden. Das funktioniert nur mäßig unterhaltend, denn der Protagonist ist kein Cole McGrath und erst recht kein Spider-Man. Man kann sich an hilfsbereiten Geistern hochziehen, wenn es denn welche gibt, oder einen von gefühlt fünf Fahrstühlen im ganzen Spiel benutzen - die meiste Zeit aber benutzt man deine Treppe, und den Entwicklern ist es dabei völlig egal, ob ihr dann fünf Stockwerke hoch müsste oder dreißig. Eine gefühlte Stunde Spielzeit verbringt ihr mit Treppensteigen. Vom Dach kommt man auch schnell wieder unfreiwillig herunter, auf all zu viel Parkours hat man verzichtet, der Protagonist weigert sich jedoch gerne, sich an Kanten festzuhalten. 

 

Wer die Federn aus Assassin's Creed II oder die Scherben aus inFamous gehasst hat, wird hier die Sammelvollbedienung bekommen. Neben ungefähr 400 verschiedenen Items und Lokalitäten manifestieren sich die 240.300 Geister, welche man für die Platin erlösen muss, in über 2100 Stellen auf der Karte, die man abgrasen darf. Dopaminausschuss wie bei Candy Crush, wenn man alle paar Sekunden etwas findet und einsammelt. Was die restlichen zwanzig Prozent an Sammelsachen angeht: immerhin bringen die meisten einen Spielwert und stellen nicht nur bloßes Blattwerk dar, bei dem man per Text etwas Wissenswertes über eine Örtlichkeit, einen Gegenstand, oder einen Geist erfährt.  Ein paar Sammelsachen sind auch miteinander verzahnt, wenn ihr die 123 Relikte bei den Nekomata (zweischwänzige Geisterkatzen, die im Spiel sämtliche Läden führen) abliefert gibt es Aufzeichnungen, Outfits, Musikstücke (alles für Trophäen nötig) - und Emotes (braucht wie den Fotomodus kein Mensch).

 

Eine Daseinsberechtigung - so konnte ich das aus dem Netz herauslesen - hat das Spiel, um die kulturelle Aneigung, die man Sucker Punch wegen Ghost of Tsushima vorwirft, herauszukehren. Dass ein in Tokio ansässiges, japanisches Entwicklerstudio ein wesentlich authentischeres Bild von Japan zeichnet, wer hätte das gedacht. Ändert nichts daran, dass man sich auch in Sachen Gameplay und Spielmechanik etwas hätte aneignen können, denn man bewegt sich mit einem viel zu kleinem Sichtfeld durch die Kämpfe, welche sich ab dem dritten Kapitel, spätestens aber nach vier Stunden Spielzeit, nur noch wiederholen und nicht mal ansatzweise so elegant sind, wie man es in Trailern verkauft hat.

Gegner brauchen anfangs ewig viele Treffer mit der Hauptwaffe (Wind), die ein Gewehr imitiert. Wasser braucht diverse Upgrades, um wie eine Shotgun auf kurze Distanz wirksam zu sein - und Feuer, was hier der Raketenwerfer sein soll, hat für das gesamte Spiel immer zu wenig Munition. Man hat entweder von allem zu viel oder vom Wichtigten zu wenig. Es sieht schon gut aus, wenn man bei den Geistern durch tolles Trefferfeedback nach und nach deren Schwachstellen freiballert - und es ist furchtbar, wenn sie schnurstracks auf einem zulaufen und nichts aus dem überschaubar kleinem Repertoire sie aufhält.

 

Wer an die Platin möchte muss auch ein paar Kampftrophäen meistern. Der Bogen als alternative Waffe für heimliches Ausschalten ist ungenauer als in vergleichbaren Spielen, einen Kopftreffer aus vierzig Metern zu schaffen ist dann eine hakelige Aufgabe. Joke's on you, ein Großteil der Gegner verdeckt ihren Kopf mit einem Regenschirm (der hier auch noch Schüsse reflektieren kann), und die sehr häufig auftretenden Geisterschüler haben erst gar keine Köpfe.

 

Das Spiel ist immer dann am besten, wenn das Thema Mystery im Vordergrund steht, und das ist bei den Nebenmissionen der Fall, in denen man sich in verfluchte Wohnungen wagt und vielleicht sogar den einen oder anderen Jump Scare erfährt. Der Hauptplot verlangt eigentlich, dass man sich beeilt, weil der Antagonist seinen bösen Plan rasch vorantreibt - in Wahrheit aber grast man die Karte Mission um Mission ab. 

Was die Geisterwelt und Folklore angeht, ist Ghostwire Tokyo auch nicht bahnbrechend. Man glaubt kaum, wie viele Monster, Geister und andere Viecher aus anderen Spielen bereits bekannt sind. in Legend of Mystical Ninja kommen achtzig Prozent der Geistertypen vor, die auch hier in Ghostwire Tokyo anzutreffen sind  - und das war ein Super Nintendo Spiel aus dem Jahr 1992.

 

Liest sich alles wie ein Verriß, aber nach dem holprigen Intro gab es über weite Strecken dieses Gefühl, voll im Spiel drin gewesen zu sein, eben weil man sich an die Sucherei gewöhnt hat und die schönen Momente die nervigen  überwogen. Das liegt auch an der Chemie zwischen Protagonist und Deutergonist und die dann doch sich zu einem halbwegs angenehmen Gameplay summierenden Spielmechaniken, die dünne Story hat ein gut inszeniertes Ende, nachdem man vierzig Stunden vorher das Minimum bekommen hat - gehört zum Mystery auch dazu, ins kalte Wasser geworfen und im Unklaren gelassen zu werden.

 

Was die Grafik angeht: eine Szenerie, bei der man stehenbleibt und sich am Anblick erfreut, gab es immer wieder - Uncharted 3 mit seiner Skyline von London, Hong Kong in Sleeping Dogs oder Himmelsrand, als Skyrim noch nicht altbacken war. Atmosphärisch ist Ghostwire Tokyo schon dicht mit sehr gutem Wechsel von Bedrohung und Aufatmen, dazu trägt auch der Soundtrack sehr gut bei. Der Lautsprecher eures Controllers wird ebenso wie das Touchpad für Spielmechaniken herangezogen.

 

Man könnte sagen, dass etwas mehr Feinschliff beim Gameplay und Spieldesign notwendig gewesen wären, um es zu einem Klassiker zu machen. So bleibt Ghostwire Tokyo ein Spiel mit Längen, unsäglichen Trophäen, aber eben genügend positiven (vielen kleinen) Momenten, um es noch auf die Seite der guten Titel zu bringen. Japanophilie ist beim Kauf hilfreich, wer aus der First Person Ecke kommt vielleicht auch - aber jeder andere sollte es sich vorher genau anschauen. Ein Spiel, das 2022 herauskam und an das man sich zu Unrecht schon jetzt nicht mehr groß erinnert.

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