Realmatze Geschrieben 12. Oktober 2017 Teilen Geschrieben 12. Oktober 2017 Prügelspiele gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Doch während Genreveteranen wie Streetfighter, Tekken und Mortal Kombat noch immer die Krone tragen, kommen immer wieder neue und ungewöhnliche Beat‘em Ups hervor und wollen etwas vom Kuchen abhaben. Nachdem der Mortal Kombat-Entwickler DC mit Injustice 2 wieder in den Ring schickte, antwortet der Street Fighter-Entwickler mit dem Marvel-Prügler Marvel vs. Capcom, welcher neben den Superhelden auch verschiedene Figuren des Capcom-Universums bietet. Wie sich das Spiel nach 5 Jahren Pause schlägt, erfahrt ihr unserem Test. Der Böse ist noch böser Nachdem der Mega Man-Schurke Sigma und der Marvel-Bösewicht Ultron miteinander fusionierten, um zu Ultron Sigma zu werden, führt der neue Superschurke den teuflischen Plan beider Parteien aus, die Welt von allem organischen Leben zu befreien. Für dieses Ziel tötet er nicht einfach nur die Lebewesen, er verwandelt sie selbst in willenlose, untote Maschinen. Klar, dass das Marvels und auch Capcoms Videospielhelden so gar nicht in den Kram passt und so formen sie eine ungewöhnliche Allianz, um dem entgegenzutreten. Das neue Ziel ist einfach. Thanos befreien und die restlichen Infinity-Steine finden, die der böse Obermotz noch nicht in seine Gewalt bringen konnte, denn nur so haben sie eine Chance gegen die schier endlose Armee an Robotern, Roboterzombies und die gewaltige Macht des Oberroboters selbst. Doch die Reise ist ebenfalls voller Gefahren und so treffen die Helden auch noch ganz andere Widersacher. Natürlich passt das nicht jedem. Gerade die Guardians finden es so gar nicht knorke, dass ihr gefährlichster Antagonist wieder auf die Welt losgelassen werden soll und weil innerer Zwist bei Marvel heutzutage schon zum guten Ton gehört, gibt es immer wieder Auseinandersetzungen unter den Helden und die Allianz spaltet sich. Doch daraus entsteht nicht etwa wieder Marvel gegen Capcom, sondern Marvel und Capcom gegen Marvel und Capcom. Und dann wären da noch die Helden, die sich lieber aus der Apokalypse heraushalten wollen. Kleine Abwechslung ganz groß Die Story ist leider total banal und zwar nicht komplett unglaubwürdig, aber auch nicht wirklich mitreißend. Es ist der übliche Kampf Gut gegen Böse ohne spannende Wendungen und leider komplett trashbefreit. Gerade bei so einem verrückten Crossover hätte man etwas mehr Witz erwartet und Injustice hat bereits gezeigt, wie eine Superhelden-Beat’em Up-Story funktionieren kann. Das Potential wäre in beide Richtungen vorhanden gewesen. Die banale Story fügt sich aber gut zu der Charakterauswahl. Mit jeweils 15 Charakteren kommt man zwar auf 30 spielbare Figuren (36, wenn man die DLCs kauft), doch das ist nichts im Vergleich zu den 51 Figuren des Vorgängers. Und gerade auf Marvels Seite bekommt man nur die üblichen Team-ups beziehungsweise Universen präsentiert. Mit den Guardians, Avengers und Dr. Strange sind bereits die meisten Felder belegt, bleiben am Ende lediglich Ghost Rider, Nova und Captain Marvel übrig, die nicht aktuell über die Kinoleinwand hüpfen. Wo sind die ungewöhnlichen Figuren? Und wieso fehlen die X-Men? Hier hat sich Capcom stark am MCU orientiert. Ähnlich, aber immerhin etwas besser, sieht es auf der Seite der Capcom-Helden aus. Hier hat man es sich mit Haggar, Jedah, Chun-Li und Ryu einfach gemacht und sich bei den eigenen Prüglern bedient, aber mit Dante, Nemesis und Frank West auch ein paar Ikonen mit reingenommen und mit Firebrand und Arthur wenigstens etwas ungewöhnlichere Figuren drin. Wirklich abgedrehte Helden sucht man aber leider vergebens und mit Zero ist ein neuer Charakter hinzugekommen, der aber neben X nur ein weiterer Roboter aus Mega Man ist. Da hätte man sich doch lieber was ganz neues gewünscht. Dem Namen alle Ehre machen Zwar wünscht man sich, dass sich das Infinite in Marvel vs. Capcom Infinite auf die Kämpferriege bezieht, doch geht es hierbei um die namensgebenden Infinity-Steine, die als neues Element zum Spiel hinzugekommen ist. Anders als im Vorgänger treten hier nicht mehr 3 gegen 3 in Teams an, sondern nur noch 2 gegen 2. Böse Zungen könnten nun behaupten, dass das deshalb ist, damit die fehlende Abwechslung in der Charakterauswahl nicht so auffällt, doch dafür kann man einen von 6 Infinity-Steinen mitnehmen. Lädt man im Kampf die untere Bildschirmleiste auf, so kann man einen mächtigen Infinity-Angriff starten, der je nach gewähltem Kristall andere Auswirkungen haben kann. Energiestöße, die Gegner treffen, Attacken, die den Gegner fesseln oder Boosts, die die eigene Geschwindigkeit steigern – es gibt ganz unterschiedliche Auswirkungen und jeder Stein kommt mit zwei Stufen daher, wobei die zweite Stufe sogar eigene Figuren wiederbeleben oder den Gegner in einem Käfig gefangenhalten kann. Doch teilweise stören die Fähigkeiten auch den Kampffluss und können Kämpfe zu einer nervigen Tortur machen. Besonders wenn man gefangen in einem Käfig abwarten muss, während der Gegner mit Fernangriffen versucht, Schaden auszuteilen und selbst nicht einstecken zu muss oder der Gegner plötzlich mit jedem Schlag zusätzlich Elementarangriffe auf einen loslässt, kann es doch schon mal unfair werden. Doch niemals vergessen: was der Gegner kann, kann man auch selbst. Prügeln in bekannten Bahnen Beat’em Ups sind ja eigentlich immer das Gleiche: hauen, treten und hier und da mal ein Griff, der den Gegner durch die Luft schleudert. Auch wenn man sich in den falschen Kreisen für so einen Spruch leicht 'ne Schelle einfangen kann, so ist es genau das, was Normalo von einem Prügelspiel erwartet und auch genau das, was man bei Marvel vs. Capcom geboten bekommt. Im Vergleich zu Genrevertreter BlazBlue kommt das Spiel auch mit einer einsteigerfreundlichen Steuerung daher und ist deshalb für einfache Runden mit Freunden geeignet. Klar, das kann man kritisieren, aber wer keine Lust hat sich in die vielen Kombos einzufinden, der kann mit einfachem Buttonmashing seinen Spaß haben und ist überrascht, dass dabei dennoch verschiedene Angriffsmuster herauskommen. Wer hat auch schon Zeit sich durch die Kombos zu blättern, in denen statt der normalen Actionbuttonicons nur Symbole für Harter Schlag, Leichter Schlag, Harter Tritt und Leichter Tritt vorhanden sind? Arcade-Experten fühlen sich dabei heimisch, für die 10 Minuten zwischen zwei Brause auf einer Party eher ungeeignet. Und wer doch ernsthaft spielen will, der wird neben der Story, dem VS-Mode sowie dem anspruchsvolleren Arcade Mode auch einen Online-Modus finden, in dem man sich mit gleichgesinnten messen kann. Bevor man sich dort hineinwagt, ist allerdings ein Blick in das Training und in die Missionen hilfreich, wo man nicht nur die Grundlagen lernt, sondern sich auch mit den verschiedenen Figuren vertraut machen kann. Funkel Funkel bunter Stein Die Optik von Marvel vs. Capcom Infinite lässt sich sehr einfach mit „bunt“ beschreiben. Die Charaktermodelle sind recht gut herausgearbeitet, da gibt es nichts zu meckern, auch wenn hier und da die Animationen nicht ganz geschmeidig aussehen, so sieht es dennoch sehr gut aus und auch die Hintergründe sehen ordentlich aus, auch wenn sie eben genau das sind: Hintergründe. Wer solchen Schnickschnack wie in Injustice oder Mortal Kombat erwartet, ist hier an der falschen Adresse. Auch ganz cool sind jene Angriffe der Crossoverhelden, welche plötzlich den Kampf anhalten und wenn dann ein ganzer Comicpanel quer über dem Bildschirm erscheint, der einen starken Angriff ankündigt. Aber, ihr werdet es erraten haben, das stört den Kampffluss ganz gewaltig und wird ebenso schnell nervig, wenn man immer und immer wieder Spider-Man sieht, wie er unter seinem Kostüm böse in die Kamera schaut. Geschmackssache hingegen ist das gewaltige Effektgewitter, was Marvel vs. Capcom Infinite da ablässt. Immerzu blitzt und funkelt es und blinkende Streifen lassen den Kampf actionreich, schnell und hart erscheinen. Hat definitiv was von Comic, aber spätestens wenn die Infinity-Steine eingesetzt werden und der ganze Bildschirm in den Farben des jeweiligen Pendants erstrahlt, ist eine Epilepsiewarnung angebracht. Wer ernsthaft Beat’em Ups spielen will, sollte aufpassen hier nicht den Überblick zu verlieren. Meister der Unendlichkeit Marvel vs. Capcom Infinite ist (wie schon gefühlt 100x in diesem Testbericht erwähnt) ein Beat’em Up und bekommt deshalb auch Beat’em Up-typische Trophäen spendiert. Wer die Platin-Trophäe erreichen möchte, der muss schon sehr auf das Genre und dieses Spiel abfahren. Viele der Trophäen können nur online oder im Arcade Modus erhalten werden, somit bleibt das Spiel immer schön anspruchsvoll auf dem Weg zu Rang 10. Natürlich muss man auch alle im Spiel verfügbaren Missionen abschließen, allerdings war Capcom hier gnädig. Während man den Arcade Modus mit allen Charakteren abschließen muss (Na, wer ist jetzt noch erzürnt über die geringe Auswahl?), muss man die Missionen nur mit fünf verschiedenen Charakteren abschließen. Doch auch wenn man sich 100 Kämpfen im Ranglistenkampf gestellt hat, kann es immernoch sein, dass man nicht gegen alle Charaktere online gespielt hat und so ist es praktisch, wenn man das in einem Freundschaftskampf mit einem Kumpel abschließen kann. Nicht für die Trophäen relevant, dennoch für Sammler interessant und sicherlich auf dem Weg zur Platin-Trophäe mit abgehandelt, ist die Sammlung. Im Spiel kann man so die Videosequenzen des Storymodus zum späteren Vergnügen freischalten und sich die Charaktermodelle näher anschauen. Außerdem kann man so Hintergrundinformationen über die Figuren nachlesen, was besonders für die verschiedenen Capcom-Helden interessant ist, wo man den ein oder anderen möglicherweise noch nicht kennt. Wer braucht schon Wikipedia! Fazit Marvel vs. Capcom Infinite kommt nicht nur mit einer enttäuschenden Charakterauswahl daher, es beschneidet auch die Teamgröße und ist somit besonders für Fans der Vorgänger enttäuschend. Auch die Infinity-Steine bieten keine wirkliche spielerische Tiefe und können sogar eher störend sein. Dafür ist das Spiel recht einsteigerfreundlich und bietet Gelegenheitsspielern die Möglichkeit für ein paar spaßige Runden, in denen sie sich mit Freunden auf der Couch gegenseitig das Fressbrett polieren können. Singleplayerspieler hingegen werden mit der schwachen Story jedoch eher weniger auf ihre Kosten kommen und auch kompetitive Spieler sollten sich überlegen, ob sie nicht lieber auf andere Genrevertreter zurückgreifen wollen. 7.5/10 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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