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IGNORIERT

Test: Kingdom Come: Deliverance im Test für die PS4 - RPG-Kracher im Mittelalter


Souly

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KCD_Title-266x266.png.d6c095c3afb21e70ecff384823915364.pngNach Skyrim und Witcher ist es in der RPG-Welt etwas ruhig geworden. Kingdom Come: Deliverance war daher ein heiß ersehnter Titel. Das Debüt der Tschechen von Warhorse Studios soll uns möglichst realitätsnah in das Mittelalter verfrachten und stimmungsvoll in eine längst vergangene Zeit zurückversetzen. Ob das gelingt oder ob die Ritterrüstung viele Beulen hat, erfahrt ihr wie immer in unserem Test.

Sohn des Schmieds

In Kingdom Come: Deliverance schlüpft man in die Rolle von Heinrich, dem Sohn des Skalitzer Meisterschmieds. Heinrich ist jung und hat eigentlich so gar keine Lust auf den harten Schmiedealltag. Stattdessen trifft er sich lieber mit seinen Freunden zum Trinken, Streiche spielen oder um sich auch mal mit anderen Halbstarken zu prügeln. Ein typischer junger Kerl in seiner Sturm-und-Drang-Zeit eben.

Keine Bange, ich verrate an dieser Stelle nicht zu viel über die Geschichte. Heinrichs Leben soll sich aber schon recht früh drastisch verändern und er wird nicht den Weg eines Schmiedes einschlagen. Stattdessen wird er der Schützling eines hiesigen Adligen und erkundet Böhmen größtenteils eigenständig. Dabei bekommt er von seinem Lehnsherren die ein oder andere Aufgabe gestellt, erlernt das Kämpfen und kümmert sich um die großen und kleinen Wehwehchen der ansässigen Dorfbewohner.

Die Aufgaben sind sehr vielseitig. Oft ist ein wenig Detektivarbeit gefragt, um für ein Problem die Lösung zu finden. Auch illegale Aufträge kommen vor, z. B. soll Heinrich in den Wäldern jagen gehen und Fleisch besorgen, was ein einfacher Dorfschmied natürlich eigentlich nicht darf. Schließlich gehört das Wild dem Adel. Pferderennen, Banditen jagen, Kräuter sammeln, Exorzismus oder Taschendiebstähle sind weitere von vielzähligen Auftragskategorien. Langweilig wird es Heinrich in Böhmen also definitiv nicht und selten gleicht eine Aufgabe einer anderen.

 

Wanderer

Neben den Aufträgen gibt es aber noch sehr viel mehr in der Mittelalterwelt zu erleben und zu tun. Kingdom Come: Deliverance ist ein RPG und dementsprechend gibt es Level, Skills und Loot. Anfangs ist Heinrich in so ziemlich allen Belangen ein äußerst nutzloser Typ. Kann nicht kämpfen, klauen oder auch nur lesen. Zugegeben, Lesen war im Mittelalter auch eher unüblich für einen Schmied. Mit hartem Training und etwas Hilfe, kann man Heinrich aber zu einem redegewandten, kampferprobten und intelligenten Menschen machen, dem keine Situation zu schwer erscheint.

Das mit dem harten Training war im Übrigen nicht nur so dahergesagt. In Kingdom Come braucht alles ein wenig Zeit und Übung. So etwas wie ein Fadenkreuz gibt es nicht, Bogenschießen muss also erprobt werden. Trankrezepte kennt Heinrich nicht, also erlernt er sie entweder durch einen Lehrmeister oder kauft sich die Rezepte. Lesen kann einem auch erstmal nur ein Schreiber beibringen und wer im Kampf nicht sofort auf die Mütze bekommen will, sollte mit dem Hauptmann der Stadtwache den einen oder anderen Übungskampf absolvieren. Hierbei lernt man nicht nur neue praktische Tricks, sondern steigert auch seine Skills.

Die Skills sind aufgeteilt in Statusskills wie Stärke und Agilität, Waffenskills wie Schwert und Axt, und letztlich in Fähigkeiten wie Alchemie, Taschendiebstahl oder Trinkfestigkeit. Das Skillset ist also breit gefächert und bedarf viel Zeit, um einigermaßen ausgebaut zu werden. Kingdom Come ist definitiv kein Casual-Spiel, man muss viel Zeit investieren, wenn man vorankommen möchte. Das äußert sich auch in vielen Animationen und Handlungen. Die Alchemie beispielsweise ist sehr aufwendig. Am Alchemietisch muss man beispielsweise das Rezept aus einem Buch suchen (wofür man natürlich erst einmal lesen lernen muss), die benötigten Zutaten vorbereiten und dann ganz genau nach Rezept brauen. Ein Beispiel: Man nehme eine Handvoll Nesseln und koche diese für einen Sanduhrdurchlauf. Dann zerkleinere man zwei Handvoll Tollkirschen, gebe diese in den Topf und koche das Ganze für zwei Sanduhrdurchläufe. Zum Abschluss wird das Gemisch destilliert. Ich denke, man kann erahnen, welch Aufwand zum Beispiel das Trankbrauen ist.

Die Macht in der Hand

Das Kampfsystem vom Kingdom Come Deliverance ist recht ausgefallen. Ähnlich wie bei dem Titel For Honor, gibt es verschiedene Richtungen, von denen man Angreifen und Verteidigen kann, bzw. muss. Dabei ist es ungemein wichtig, den Gegner zu lesen und dementsprechend seine Taktik anzupassen. Verteidigt der Gegner oben, wäre ein Angriff von unten links sinnvoll. Greift der Gegner von rechts an, sollte man seine Klinge auch möglichst rechts halten. Timing ist hier das Hauptmotto.

Doch bei aller guten Erfahrung und super Timing, stellt man sich mehr als einem Gegner gleichzeitig, wird es schon reichlich ungemütlich. Je nach Skillstufe kann dies schon zu einem frühen Ableben beitragen. Wenn man erkennt, dass man stark unterlegen ist, lohnt es sich ggf. die Waffe niederzulegen und sich zu ergeben. Wie schon gesagt, KCD versucht ein sehr realitätsnahes Spiel zu sein und dementsprechend kann ein Unterzahlkampf nur schwer sein. Anders als in andere Titeln, greifen die Gegner hier nämlich nicht schön abgestimmt nacheinander an. Da Ehre und Christentum im Mittelalter eine große Rolle spielten, kann die Aufgabe also durchaus eine gute Option sein. Viele ehrenhafte Männer verschonen das heilige Leben…naja oft aber auch nicht. Schließlich kämpft man regelmäßig gegen ehr- und gottlose Banditen.

Kämpft man gegen erfahrene Kämpfer, kann es auch sein, dass alles Timing und jede noch so tolle Attacke einfach nicht funktionieren und man doch im Dreck landet. Das hängt vor allem mit den Angriffsmanövern zusammen. Ähnlich wie in typischen Hack'n'Slay-Spielen gibt es nämlich Angriffskombos. Diese enden dann zum Beispiel in einer Finte, einem besonders trickreichem Schlag oder einfach nur in einer Ausdauerschlacht. Das Kampfsystem ist also in vielerlei Hinsicht sehr ausgeklügelt und stellt auch erfahrene Kämpfer immer wieder vor Herausforderungen.

Schleichender Tod

Neben dem Kampfsystem an sich, ist auch das Verletzungssystem durchaus umfangreich. Je nachdem, wie man geschützt ist und wie und mit was man getroffen wird, erleidet man eine Verletzung. Die Art der Verletzung bestimmt den Malus.

Im schlimmsten Fall bekommt man mit einem Streitkolben eins auf die ungeschützte Rübe. Das endet dann meistens in einem "Lucky-Punch" und man geht direkt K.O. Umgekehrt funktioniert das System natürlich auch. Doch auch Schwerter verursachen tückische Verletzungen. Wird der Arm getroffen, fängt die Wunde schnell an zu bluten, man hat deutlich weniger Ausdauer und auch die Schlagkraft lässt enorm nach. Blutende Wunden sollten alsbald verbunden werden, sonst ereilt einen nach dem Kampf doch noch der Tod.

Neben Verletzungen gibt es noch andere Schwierigkeiten für die Gesundheit. Hat man vergammeltes Essen gefuttert, vergiftet man sich schon einmal. Hat man das ganze Schwein gefuttert, ist man überfressen und Träge. Hungert man, ist man kraftlos und verliert an Charisma. Das ganze Spiel steckt so voller Funktionalitäten, dass man erst einmal ein Weilchen benötigt, um wirklich alles mitzubekommen. Ich könnte hier noch drei Seiten mit Features füllen und würde immer noch nicht am Ende sein.

 

Mittelalterliche Innovation

Noch ein paar Worte zur Technik. Das Spiel ist nun schon ein paar Monate erhältlich und die Entwickler haben fleißig gepatcht. Nichtsdestotrotz gibt es hier und da einige Mängel. Oft kommt es vor, dass Modelle auf der PS4 einfach nicht laden. Dadurch kollidiert man gern mal mit einem Pfahl, den man nicht sieht oder kann sich kaum durch ein Haus bewegen. Oftmals hilft hier nur ein erneutes Laden des Spielstandes. Das ist der mit Abstand nervigste Abstrich, den ich dem Spiel machen muss. Die Grafik ist größtenteils sogar sehr hübsch, nur muss sie eben auch laden.

Wie für Open-World-Spiele üblich, gibt es natürlich auch jede Menge kleiner Bugs, Glitches und andere Ärgerlichkeiten. Aufgrund des Umfangs des Spiels, würde ich diese aber nicht gigantisch hoch ansiedeln. Die Steuerung läuft flüssig, wenn man sich erst einmal ein wenig eingefuchst hat. Auch den Spielfluss würde ich als durchschnittlich stabil bezeichnen. Ich hatte in ca. 50 Stunden Spielzeit etwa 4 Abstürze. Das ist nicht unglaublich viel, könnte aber definitiv weniger sein.

Die Soundkulisse reiht sich ein wenig in diese Kleinigkeiten ein. Eigentlich ist die Musik- und Soundkulisse wirklich schön. Malerische Musik begleitet Heinrich bei seinem Ritt über die Felder. Jedoch gibt es immer wieder kleine Aussetzer oder Sprünge, sowohl in Musik, Sound als auch Synchronisation. Die Synchronisation muss ich dennoch loben. Man hat in der deutschen Sprachausgabe nach meinem Empfinden gute Sprecher, die durchaus auch Gefühle transportieren können.

Das Ende

Kingdom Come: Deliverance kommt mit einer Platintrophäe auf die PS4. Wer diese haben möchte, sollte sich zwei Dinge unbedingt besorgen: Einen Guide und sagenhaft viel Zeit. Es gibt Trophäen für irgendwo in der riesigen Welt versteckte Sidequests, welche zum Teil nach einem Voranschreiten der Hauptquest nicht mehr zu machen sind. Außerdem müssen einige Quests, welche oft alternative Enden anbieten, mit einem bestimmten Ergebnis abgeschlossen werden. Ohne Guide und mehrere Speicherstände wird das ein knallhartes unterfangen, wenn nicht gar nahezu unmöglich.

Neben den Quests gibt es noch Skilltrophäen, einige Sammeltrophäen (10.000 Kräuter sammeln, alle Bildstöcke finden usw.), Kampftrophäen und noch einige andere zeitaufwendige Pötte zu besorgen. Nach meiner rein subjektiven Einschätzung würde ich behaupten, dass man für alles mit Guide und gut Erfahrung im Spiel um die 150 Stunden benötigen wird. Wer es sich antun möchte, viel Erfolg ;)

 

Fazit

Kingdom Come: Deliverance ist seit Witcher eines der besten RPGs. Jedoch muss man deutliche Abstriche bei der Stabilität des Spieles machen. Es handelt sich zwar um ein Debut und ein gigantisch umfangreiches Open-World Spiel, dies kann aber nicht die Abstürze und Ladefehler vollkommen ausgleichen. Kann man wie ich mit den technischen Problemen halbwegs leben und sich auf das Spiel einlassen, wird man ein geniales, recht realitätsnahes Rollenspiel finden, welches auch einige Survivalaspekte in sich vereint. Die Liebe zu detailreichen Features merkt man dem Spiel in jeder Sekunde an. Vielleicht ist dies auch die größte Schwäche des Spiels. Kingodm Come: Deliverance ist definitiv kein Casual-Spiel. Man benötigt viel Zeit, um sich in der Welt zurecht zu finden und voran zu kommen. Wer damit kein Problem hat, der wird ein sehr gelungenes und vor allem tiefes Rollenspiel finden. Klare Empfehlung, für Menschen die bereit dazu sind, ein wenig Zeit in ein Spiel zu investieren.

 

8.5/10

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