Realmatze Geschrieben 3. Juni 2018 Teilen Geschrieben 3. Juni 2018 Der Indie-Entwickler Snowcastle Games finanzierte erfolgreich sein Spiel Earthlock: Festival of Magic über Kickstarter. Doch das 2017 veröffentlichte Spiel ließ Unterstützer und Tester unbefriedigt zurück. Ein Jahr später ist nicht nur der Untertitel weg, auch im Spiel gab es ein paar Veränderungen. Laut eigener Aussagen wäre ein einfacher Patch den Spielern nicht würdig gewesen, weshalb man sich für eine komplette Neuveröffentlichung entschied, von der auch Besitzer des Originalspiels profitieren sollten. Ob dieser Relaunch ein ebenso würdiges Spiel auf den Markt gebracht hat, erfahrt ihr unserem Test. Amon am A.. Das Spiel startet mit einer kleinen Einleitung rund um die Generalstochter Ive Lavender, die gemeinsam mit ihrem tierischen Begleiter Taika in ihrem Zimmer erwacht und sich zu einer kleinen Trainingseinheit bei ihrem Vater aufmacht. Doch gerade als sie sich auf ihren ersten Flug in die große weite Welt machen will, belauscht sie ein verdächtiges Gespräch zwischen ihrem Commander und einem Soldaten, welches sehr suspekt ist und eine Verschwörung andeutet. Doch bevor der Spieler der Sache weiter auf den Grund gehen kann, wechselt die Szene auf den jungen Plünderer Amon Barros, der mit seinem Onkel Benjo unterwegs ist, eine alte Ruine zu plündern. Hier entdecken sie ein mächtiges Artefakt, welches Amon verkaufen will, um Medizin für seinen Onkel zu kaufen. Eine junge Ortsansässige macht ihm sogar ein gutes Angebot, doch plötzlich fährt ihr ein Schweinehase in die Parade und deutet an, dass das Artefakt womöglich viel mehr wert sei und dass es vielleicht sogar einen Weg gibt, den Onkel von seiner schweren Krankheit endgültig zu heilen. Amon macht sich natürlich sofort mit seinem neuen, ungewöhnlichen Begleiter Gnart auf den Weg und muss bei seiner Rückkehr entsetzt feststellen, dass sein Onkel von Soldaten verschleppt worden ist. So beginnt die abenteuerliche Reise von Amon, der auf dem Weg einige neue Freunde kennenlernt. Was soll man dazu sagen? Rollenspieltechnisch eine klassische Geschichte, die einfach Spaß machen muss. Immer der Reihe nach Das Kampfsystem von Earthlock ist sehr klassisch. Als Spieler fühlt man sich gleich wieder in die gute alte Zeit von Dragon Quest und Final Fantasy zurückversetzt. Obwohl man sich damals kaum vor Spielen mit rundenbasiertem Kampfsystem retten konnte, ist diese Art von Rollenspiel fast vollständig in den Indiebereich verdrängt worden. Und auch hier kann man die Anzahl der rundenbasierten RPGs an einer Hand abzählen. Zusätzlich versuchen diese auch durch kleine Kniffe ein Alleinstellungsmerkmal herzustellen, wo auch Earthlock keine Ausnahme bildet. So kann man im Menü seine Party paarweise zusammenstellen. Diese bauen dann nicht nur eine freundschaftliche Bindung zueinander auf, sie ermöglichen auch mächtige Spezialangriffe, die eingesetzt werden können, sobald eine Leiste sich gefüllt hat. Diese Leiste ist dann auch exklusiv für diese Paarung, weshalb man sich vorher überlegen sollte, welche Paarungen man zusammenstellen möchte, wenn man die jeweiligen Angriffe zur Verfügung haben will. Außerdem können die Figuren eine Stellung im Kampf einnehmen. Dadurch geht zwar eine Runde für den jeweiligen Charakter verloren, dafür werden neue Aktionen im Kampf frei. Dazu zählen neue Fähigkeiten und Angriffe mit veränderten Attributen. Ähnlich wie Elementangriffe in anderen bekannten Spielen, sind es hier spitze, stumpfe und scharfe Angriffe, die gegen verschiedene Gegnertypen unterschiedlich effektiv sind. Besonders bei Bossen kann die Stellung schlachtentscheidend sein und scheinbar unmögliche Kämpfe in einen Spaziergang verwandeln. Die Kirsche auf der Sahne Doch nicht nur der Kampf wirkt klassisch. Auch das sonstige Verhalten des Spiels vom norwegischen 15-Mann-Entwickler-Team erinnert an japanische Rollenspiele. Während man sich durch die Welt bewegt, ist die Kamera rausgezoomt, wodurch die Figuren kleiner erscheinen und die Städte und Dungeons als geschrumpfte, interaktive Objekte erscheinen. Gleichzeitig sieht man seine Gegner, die den Spieler angreifen, sobald sie ihn sehen. Sammelt man viele Gegner gleichzeitig um sich, so erscheinen auch all diese im Kampf. Das gibt am Ende ordentliche Erfahrungsbelohnungen. Doch sollte man nicht vergessen, an den Speicherstatuen seinen Fortschritt zu sichern. Außerdem findet man hier und da verschiedene interaktive Objekte, mit denen immer nur die aktive Spielfigur interagieren kann. Keine Frage, dass hier bestimmte Charaktere nur bestimmte Aktionen ausführen können. So durchsucht Amon beispielsweise Schrott nach wertvollen Gütern, während Gnart sich darauf versteht, nützliche Pflanzen einzusammeln und so Buffs für das Team zu gewinnen. Darüber hinaus schaltet man mit der Zeit eine kleine Siedlung frei, in welcher jedes Teammitglied seine eigene Werkstatt erhält, die ganz auf seine eigenen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Ein Beispiel ist hier Hütergalerie, in welcher man Talentkarten herstellen kann. Diese werden in Earthlock benötigt, um in Verbindung mit Talentpunkten das Talentbrett zu vervollständigen. Dabei gibt es verschiedene Arten von Plätzen, wie jene, die Statusboosts geben, passive Fähigkeiten verleihen oder neue Talente freischalten. Man kann es als eine einfachere, aber ebenso effektive Version des Sphärobretts aus Final Fantasy X verstehen. Jedoch können einmal angelegte Talentkarten auch verlustfrei ausgetauscht, nicht jedoch entfernt, werden. Nichts für Analphabeten Der Look von Earthlock ist recht einfach, jedoch nicht weniger schön. In knalligen Pastellfarben zeichnen die Künstler von Snowcastle eine Bilderbuchwelt, in der kein Gebiet dem anderen gleicht. Leider ist die Qualität der Umgebungsgrafik ebenso wechselhaft und reicht von detailverliebten Räumen bis hin zu eintönigen Pfaden mit groben Texturen. Dafür sind die Animationen vergleichsweise flüssig und verschiedene Lichteffekte täuschen hier und da über die Schwächen der Grafik hinweg. Ein größeres Problem ist, dass es im Spiel keinen einzigen vertonten Dialog gibt. Was gut für den Re-Release ist, ist schlecht für alle Lesemuffel, denn rollenspieltypisch gibt es viele Dialoge, auch wenn diese kürzer sind, als man es von Genrekollegen gewohnt ist. Und zu allem Übel sind alle Texte auch in englischer oder japanischer Sprache verfasst. Ebenso ein Trend, der sich in den letzten Jahren im Bereich der jRPGs leider mehr und mehr durchgesetzt hat. Man muss aber auch bedenken, dass im Bereich der Indiespiele die Ressourcen für solch textlastige Spiele begrenzt sind. Darüber hinweg tröstet die meist traum- und fabelhafte Musik von Earthlock. Diese ist in den Szenen stets gut eingesetzt und hat einen leicht melancholischen Ton, was jedoch keinesfalls mit trauriger Musik verwechselt werden darf. Von Kämpfen wird die Musik allerdings nicht unterbrochen und auch Umgebungsgeräusche, wie rauschender Wind, ergänzen sich zur Musik, die nie aufdringlich ist. Viele Neuerungen, alte Probleme Vergleicht man Earthlock mit seiner Ursprungsversion Earthlock: Festival of Magic so fällt auf, dass bereits in der Eröffnungsphase einige Änderungen vorgenommen worden sind. Dialoge wurden verändert und Animationen wurden stark verbessert, selbst neue Texturen sind hier und da zu entdecken und auch die Framerate wurde spürbar verbessert. Dabei erhalten die spielbaren Charaktere tiefere Hintergrundgeschichten und auch viel ausgeprägtere Charaktere, selbst eine Prise leichten Humors kann der Spieler nun entdecken, wodurch sich das Spiel etwas lockerer anfühlt. Auch haben die Figuren nun Fähigkeiten bekommen, die erfordern, dass man auf der Oberwelt zwischen den Figuren hin und her wechselt und vormals nutzlose Gebäude haben nun einen Sinn erhalten. Laut Entwickleraussage sind dies Inhalte, die zuvor der Schere zum Opfer gefallen waren oder entfernt worden sind, weil es andere Änderungen gegeben hat, durch die diese Inhalte keinen Kontext mehr hatten. Zu den entfernten Inhalten gehören nun auch Nebenmissionen, die der Spieler in den Städten akzeptieren kann. Doch leider ist nicht alles Gold was glänzt. Der Wechsel der Figuren ist etwas nervig, ein automatischer Wechsel wäre hier wünschenswert gewesen, so kommt man immer wieder ins Stocken. Außerdem gibt es Nebenquests, die sich unendlich wiederholen. Dadurch erhält man zwar auch jedes Mal die Belohnung, aber am Ende fragt man sich, wozu man das eigentlich macht. Leider sind viele Gespräche auch oberflächlich und wirken abgehackt oder gar aufgesetzt. Hier merkt man den Unterschied zwischen erfahrenen Entwicklern und Indie Studios. Aber auch Square Enix hat einmal klein angefangen. Valor Wie bereits eingangs erwähnt, handelt es sich bei Earthlock um eine überarbeitete Fassung von Earthlock: Festival of Magic. Der Entwickler hat versprochen, dass alle Besitzer von Earthlock: Festival of Magic kostenlos die neue Version des Spiels erhalten. Was das für Trophäenjäger bedeutet? Eine brandneue Platin-Trophäe und ein verändertes Trophäenset. Eine Gold-Trophäe musste zwar weichen, aber dafür gibt es nun 10 Bronze-Trophäen mehr. Das wichtigste zuerst: in Earthlock gibt es keine Online-Trophäen und wer vor dem letzten Kampf speichert, kann jederzeit alle anderen Trophäen nachholen. Die Platin-Trophäe ist auch nicht allzu schwer und sollte in etwa 30-40 Stunden erreichbar sein. Je nachdem, wie lang man für die neue Goldtrophäe „Warden“ benötigt, für die man nicht nur die Schlüssel für alle Zellentüren des Gefängnisses braucht, sondern auch alle möglichen Bosse des Spiels erneut und paarweise besiegen muss. Auf dem Weg zum Ende gibt es eine ganze Menge Story-Trophäen, der Rest ist eher eine ganze Reihe von Sammelsachen. So muss man beispielweise 10.000 Früchte einsammeln, die am Wegesrand herumliegen. Außerdem wollen 50 Schatztruhen geöffnet werden und alle Arten von Pflanzen auf das Maximallevel gezogen werden. Gleichzeitig wollen alle Helden Level 20 erreichen und darüber hinaus jeden Gegner des Spiels einmal besiegen. Und wo wir schon mal dabei sind, gibt es auch zwei Turniere, die man doch auf Gold erledigen könnte. Hier ist der Spieler jedoch gut beraten, zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukehren, denn mit einem höheren Level stellen diese keine Herausforderung mehr dar. Fazit Es dauert einen Moment, bevor man mit Earthlock so wirklich warm wird. Der erste Eindruck ist leider nicht der Beste. Der Spieler wird begrüßt von tristen Umgebungen, die recht leer wirken und die Gespräche sind eher zweckdienlich als interessant. Doch mit der Zeit lernt man das Spiel mit allen seinen Facetten zu verstehen und zu mögen. Gerade im Genre der Old-School-Rollenspiele hat man ohnehin nur wenig Auswahl und deshalb legt man die Messlatte automatisch nicht so hoch. Das soll aber keinesfalls bedeuten, dass das Spiel nicht gut wäre, der Relaunch des Spiels ist auf jeden Fall gelungen und die kleinen Kniffe im Kampfsystem individualisieren das Erlebnis der rundenbasierten Kampfsysteme, ohne es in ihren Grundzügen zu verändern. Fans der klassischen Final-Fantasy- und Dragon-Quest-Spiele können hier für wenig Geld auf ihre Kosten kommen. 8/10 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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