Realmatze Geschrieben 22. August 2018 Teilen Geschrieben 22. August 2018 Warhammer-Fans haben es nicht immer leicht, wenn sie nach Spielen suchen. Viel Zeit ist seit dem fantastischen Dawn of War vergangen, welchem zwei nicht ganz so glorreiche Fortsetzungen folgten. Auch der Twin-Stick-Shooter Kill Team oder das rundenbasierte Taktikspiel Space Hulk konnten dort nicht wirklich punkten, lediglich das Actionspiel Space Marine und der Koop-Shooter Vermintide konnten ein paar Fans für sich begeistern. Dieses Mal ist ein neues Genre dran: das der Diablo-Klone. Wie sich Warhammer 40.000 im Gewand eines isometrischen Hack’n-Slay-Rollenspiels macht, erfahrt ihr in unserem Test. Der Inquisitor kommt Startet man die Kampagne von Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr, so verschlägt es den Spieler direkt in die Handlung rund um den vom Spieler ausgewählten Inquisitor, der mit seinem kleinen Aufklärungsschiff auf einem anderen riesigen Schiff abgestürzt ist. Natürlich ist der Pilot und somit die gesamte andere Besatzung tot, weshalb sich der Inquisitor allein auf die Suche nach Überlebenden macht. Natürlich versucht er zunächst wieder Kontakt zur Flotte zu bekommen und stößt dabei auf eine ihm unbekannte Einheit des Imperators, die auf dem riesigen Schiff, der namensgebenden Martyr stationiert war und mit den fiesen Chaostruppen konfrontiert war. Da diese Truppen scheinbar so wichtig für den Gott-Imperator sind, hilft der Inquisitor den Truppen und erfährt dabei mehr und mehr über die Martyr. Das Schiff, welches ein Eigenleben entwickelt hat, scheint selbst vom Chaos zerfressen zu werden. Noch seltsamer ist jedoch, dass die Servitoren, lobotomierte Menschen, welche ansonsten schon mit niederen Sklavenarbeiten vertraut sind, direkt mit der Martyr verbunden sind und simple Aufgaben, wie das Öffnen von Türen übernehmen. Und einer besitzt sogar die Frechheit, den Inquisitor anzusprechen. Er weiß natürlich, dass KIs Blasphemie gleichkommen, doch an dieser Stelle organische Helfer einzusetzen, empfindet er als überflüssig. Doch bevor er mehr über die Martyr erfahren kann, zerreißt es den neuen Verbündeten, welcher in der Stase erst wieder geflickt werden muss. Krieg ist immer dreckig Während die Story nicht unbedingt wegweisend ist, erfüllt sie doch ihren Zweck, nämlich den Spieler an das Spielprinzip heranzuführen. Wie man das von Action-RPGs dieser Art gewohnt ist, bewegt man die Figur mit dem Stick über das Schlachtfeld und aktiviert mit den Aktionstasten verschiedene aktive Fähigkeiten, wozu auch der normale Angriff zählt. Wie die Fähigkeiten genau aussehen, bestimmt zu einem gewissen Grad die Wahl der neun verschiedenen Subklassen, welche sich unter drei Hauptklassen zusammenfassen lassen: Psioniker, Assassine und Kreuzritter. Anders, als in anderen Spielen dieser Art, bestimmen bei Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr die ausgerüsteten Waffen und Rüstungen die aktiven Fähigkeiten. Das gibt dem Spieler das Gefühl, dass tatsächlich mit den Waffen gekämpft wird, denn rüstet man einen Schweren Bolter aus, sollten natürlich auch die Fähigkeiten anders sein, als bei einem Kettenschwert und auch das Flak-Geschütz auf dem Rücken der Demolitionrüstung ist somit nicht nur Deko, während Träger der Angriffsrüstung sich lieber derer Schubdüsen bedienen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Klassen dadurch wieder hinfällig sind. Der Schwere Kreuzritter ist ein richtiger Tank, während man sich bei der Assassine über einen Button zum Ausweichen freuen darf und geht der Psioniker mit seinen Kräften zu spendabel um, ruft dies schnell ein paar fiese Dämonen auf den Plan. Außerdem bestimmen die Klassen den Loot, den man am Ende seiner Mission mit nach Hause nehmen darf und somit haben die Klassen auch Einfluss auf die aktiven Fähigkeiten. Wie kann ich dem Gott-Imperator am besten dienen? Looten und Leveln ist natürlich auch bei Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr an der Tagesordnung. Für besondere Gegner, besondere Aktionen oder auch aus selten verteilten Truhen oder aus von Dämonen bewachten Reliquien kann der Inquisitor neue Ausrüstungsgegenstände erhalten, um sich so zu verbessern. Die Ausrüstung kann jedoch nur außerhalb der Missionen gewechselt werden, außerdem gibt es für jeden Abschluss einer Mission eine Lootbox, die zufällig Geld und Ausrüstung auswirft. Für einen Levelaufstieg gibt es wie gewohnt Erfahrungspunkte, die man in die RPG-typischen Skillbäume investieren kann. Neu ist jedoch, dass die Skillbäume erst durch bestimmte Aktionen, wie das Töten mit einer bestimmten Waffe oder das Zerstören von Umgebungsobjekten, freigeschaltet werden müssen. Aufgrund der Art, wie die aktiven Fähigkeiten im Spiel funktionieren, gibt es hier zudem ausschließlich passive Fähigkeiten. Je mächtiger die angelegte Ausrüstung ist, desto höher steigt auch die Zahl, die anzeigt, wie stark der Inquisitor momentan ist. Diese sogenannten Machtpunkte dienen als Orientierung über den Schwierigkeitsgrad der verschiedenen Missionen und sind für die, die nicht rechnen wollen, freundlicherweise grün (leicht), gelb (normal) und rot (schwer) hinterlegt. Die Missionen können auch individuell von der Schwierigkeit angepasst werden, was sich durch Debuffs des Charakters offenbart. Wer den Story-Modus als zu leicht empfindet, kann hier auch die enormen Buffs von seinem Inquisitor nehmen, die in den Story-Missionen vorherrschen. Inquisitor-Overkill Der Inquisitor stellt innerhalb des Imperiums eine mächtige Figur dar, die fast uneingeschränkte Macht ausüben kann. Doch was ist besser als ein Inquisitor? Richtig: vier Inquisitoren. Um sich besonders harten Aufgaben oder schweren „vordringlichen Aufträgen“ zu stellen, kann man bis zu drei weitere Inquisitoren im Online-Multiplayer an seine Seite rufen. Gemeinsam kann man dann auch mal den Schwierigkeitsgrad erhöhen oder Tarot-Missionen angehen, Missionen, die Schicksal kosten und zufällig erstellt werden, aber dafür bessere Belohnungen bereithalten. Außerdem ist das eine gute Möglichkeit, seinen Inquisitorenrang zu erhöhen. Wer sich besonders gut versteht, kann auch einer Kabale beitreten oder sie gründen. Dies ist die Art von Clan in Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr und sie bieten nicht nur ein Zugehörigkeitsgefühl für die Mitglieder, sondern auch neue passive Fähigkeiten, wie Händlernachlass, Bonusschicksal oder mehr Geldbelohnungen. Außerdem schalten sich so Kabalmissionen auf der Sternenkarte frei, denen man sich dann stellen kann und so den Rang seiner Kabale erhöhen kann. Wer jedoch nicht gern Online spielt, aber dennoch nicht auf das Koop-Gameplay verzichten möchte, der kann im Couch-Koop mit einem weiteren Inquisitor in die Schlacht ziehen. Dieser erhält jedoch einen vorgefertigten Charakter, den er sich aus einer Liste aussuchen kann. Erfolge werden nicht übernommen und nicht jede Mission, wie beispielsweise Story-Missionen, können gemeinsam gespielt werden. Außerdem sind die Spieler zwangsläufig auf einer Karte aneinander gebunden, da es keinen Splitscreen gibt. Also gebt acht, wenn einer von euch auf eine Klippe steigt, um Feuerschutz zu geben. Es gibt immer einen Haken Bisher klingt eigentlich alles ganz gut, doch es kommt, wie es kommen muss, ein dickes ABER. Gleich wenn man das Spiel startet, wird man damit konfrontiert, dass man doch bitte ein NeoCore-Konto erstellen möchte. Wer nun schon Böses ahnt, wird bei folgenden, verhassten Worten nicht überrascht sein: Always-On. Das Spiel schmeißt den Spieler bei fehlender Internetverbindung zurück ins Menü und lässt ihn das Spiel nicht mehr starten, ehe man nicht wieder im Internet eingeloggt ist. Das wars dann wohl mit Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr als Couch-Coop-Spiel an lauen Sommerabenden in der Gartenlaube. Wer jedoch daheim ständig mit dem Netzwerk verbunden ist, wird es wohl kaum merken, denn bisher liefen die Server stabil, ich konnte keine serverseitigen Abbrüche vermelden, was aber vor Release des Spiels kaum verwunderlich ist. Viel mehr Probleme gab es da mit dem Couch-Koop-Modus, die die Vermutung nahelegen, dass dieser recht spät und ohne wirkliche Tests implementiert wurde. Da die Spieler immer auf demselben Bildschirm sichtbar sind, ist es nicht ratsam, innerhalb einer Mission den Teleporter zu benutzen, da dieser beide Figuren außerhalb des Bildschirms platziert und dafür sorgt, dass sie nicht mehr laufen können. Nur mit der Jetpackfähigkeit meines Inquisitors war es mir möglich wieder nahe genug an meinen Partner heranzukommen, um das Spiel wieder normal weiterlaufen zu lassen. Bei Abschluss der Mission kam es direkt zum Spielabsturz, die Belohnung erhielt ich aber beim nächsten Spielstart dennoch. Richtig nervig ist es jedoch, dass man keine Chance hat, von der Sternenkarte (Levelauswahl) aus zurück aufs Schiff zu kommen, in welchem sich das Lager, der Händler und allerlei andere Dinge für die Vorbereitung befinden. Auch Missionsgespräche finden sich hier, weshalb man entweder ins Hauptmenü zurückkehren oder eine Nebenmission abschließen darf, bevor man die annehmen kann. Außerdem scheint das „Halten Sie X zum Benutzen“ einer weiteren Optimierung zu bedürfen, denn nicht selten läuft der Inquisitor ins Nichts oder zu anderen Umgebungsobjekten, um stattdessen mit diesen zu interagieren oder der Balken, welcher signalisiert, dass die Interaktion stattfindet, erscheint gar nicht erst und man braucht mehrere Anläufe, um die Aktion zu initiieren. Ich sagte ja Krieg sei dreckig Optisch gesehen macht Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr schon einiges her. Warhammer-typisch sind die Wege und Wände mit Blut und Leichen gepflastert, Schiffe wirken prunkvoll, Eiswüsten kahl und verlassen. Am Anfang könnte man noch denken, man bekäme stets nur dasselbe präsentiert, doch die Umgebungen wechseln in den Missionen durch und das Einzige, was sie gemeinsam haben, ist die Trostlosigkeit eines Jahrtausende wütenden Krieges. Da ist es eine willkommene Abwechslung, wenn der Psioniker mit seinen bunten Animationen daherkommt. Viele Missionen finden in verwinkelten Gängen statt, einige jedoch auf weiten Gebieten, in denen man gar nicht so recht weiß, welche Richtung man einschlagen soll. Zum Erkunden laden die Level eigentlich eher nicht ein, denn Truhen und Reliquien sind rar gesät, aber ein echter Rollenspieler lässt sich davon nicht abhalten. Wenn die Belohnungen nur so häufig zu finden wären, wie die Nachschubkisten, mit denen man seinen Vorrat an Granaten und Medipacks auffüllen kann. Das Spiel ist auch auf Deutsch lokalisiert worden, die Sprachausgabe ist jedoch weiterhin in englischer Sprache. Funksprüche kommen dabei aus dem Controller, während die Untertitel auf dem Fernseher neben dem Charakterbild des Anrufers dargestellt werden. Die Lokalisierung ist jedoch noch nicht ganz fertig, viele Texte sind immer noch auf Englisch. Filmsequenzen und Dialoge können auch übersprungen werden, das klappt jedoch nicht immer. Wenn gescriptete Events stattfinden, blinkt zwar die „Option zum Überspringen“-Meldung, doch man kann auf die Taste einhämmern wie man will, es tut sich nichts. Für den Imperator Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr kommt mit gleich zwei Trophäenlisten daher. Die eine ist die begehrte Liste der Platintrophäe, die zweite ist die als DLC ausgelagerte Story-Kampagne. Hier finden sich all die verpassbaren Trophäen, die man im Laufe der Story erhalten kann. Doch keine Panik, auch der Fortschritt in der Story trägt zum Erwerb der Platin-Trophäe bei, denn diese besteht aus vielen Trophäen, die es erfordern, möglichst viele feindlich gesinnte NPCs in den Polygonhimmel zu schicken. Und davon bedarf es viele. 5 Bosse, 100 Elite und 250 Champions klingen zu wenig? Wie wäre es mit 2500 Horden? Oder 5000 Fernkampf- und 5000 Nahkampf-, sowie 1000 Granatenkills? Die helfen dabei, seinen Inquisitor auf Rang 50 zu bringen. Aber auch auf 5000 Schicksalspunkte zu kommen, bedarf es einiges an Zeit. Wer also fleißig dabei bleibt, schafft so auch die maximalen Punkte für die wöchentliche Ruhm-Challenge. Tötungsserien, Massaker und Unverwundbar-Boni muss man auch 30-mal schaffen, aber die kommen ohnehin fast von allein. Da man zum Spielen online sein muss, sind auch alle Trophäen zwangsläufig Online-Trophäen. Das verschont euch auch nicht vor Online-Interaktion. Einer Kabale beizutreten (oder zu „tretten“, wie es in der Trophäenbeschreibung steht) sollte noch ein leichtes sein, 50 Wiederbelebungen verlangen im Normalfall schon intensives Koop-Spiel. Man darf sich aber die Trophäenbeschreibungen nicht so genau durchlesen, diese sollten noch einmal neu übersetzt werden. Man kann sie zwar gut lesen, Grammatikfehler sind da allerdings keine Seltenheit. Da kann man nur froh sein, dass im Hauptspiel nicht dasselbe Lokalisationsteam tätig war. FAZIT Eigentlich ist Warhammer 40.000 Inquisitor Martyr ein ganz gut durchdachtes und spaßiges Spiel. Man schlüpft in die Rolle seines Wunsch-Inquisitors und hat die Ehre, dem Gott-Imperator zu dienen und dabei sein Leben im Kampf gegen das Chaos und andere Abscheulichkeiten zu geben. Das Diablo-Gewand steht dem Spiel und seiner Vorlage dabei sehr gut, auch wenn viele Elemente des Tabletops-Prinzips hier fehlen oder nur oberflächlich Eingang finden. Aber leider ist es nur eigentlich ein gutes Spiel. Abgesehen davon, dass das Spiel von Bugs geplagt wird, wirkt das Spiel an vielen Stellen unfertig und hätte doch noch ein paar Monate warten können. Hinzu kommt der übertrieben einfache Schwierigkeitsgrad der Story-Kampagne. Für Fans des Warhammer Universums ist es ein kurzweiliges und spaßiges Abenteuer, aber ob das Spiel für Genrefans eine wirkliche Langzeitmotivation bieten kann, müssen nicht nur die Zeit, sondern auch zukünftige Patches zeigen. Denn im Kern versucht das Spiel die Rolle eines Online-Koop-Spiels einzunehmen, welches mit Events und schwierigen Missionen die Leute zum Formen von Gruppen und Messen in Ranglisten motiviert. 6.5 von 10 Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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