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Test: 11-11: Memories Retold im Test für die PS4 - War… War never changes


ItachiSaix

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11-11-Memories-Retold-Webseite-266x266.jpg.e5a49aef9e0cf9b3ded6135b55744ff2.jpgAm 11.11.18 vor genau 100 Jahren war es endlich soweit, denn der erste Weltkrieg neigte sich dem Ende zu und die bedingungslose Kapitulation nahm ihren Lauf. Im Gedenken an all die verstorben Soldaten und Tieren hat der französische Entwickler DigixArt ein kurzes Anti-Kriegsspiel in Form eines Adventures herausgebracht, um die Toten respektvoll zu huldigen. Inwiefern diese lange Kluft der Zeit überbrückt wird und ob einige Elemente die Emotionen der Spieler anregen werden, erfahrt ihr in unserem Test:

Andere Nationen, gleich Feinde?

11-11: Memories Retold erzählt seine Geschichte aus dem 1. Weltkrieg anhand von zwei, steuerbaren Charakteren. Da hätten wir einen Kanadier namens Harry, der sich als junger Spund und Fotograf behaupten möchte und einen gewissen Anreiz gefunden hat, im größten Weltgeschehen Karriere zu machen. Auf der anderen Seite haben wir einen deutschen Ingenieur mit dem Namen Kurt. Er ist wie jeder Deutsche zu dieser Zeit schwer beschäftigt, Versorgungen wie Kriegsmunition, Zeppeline etc. herzustellen. Jedoch ist er als Familienvater besorgt, wie es seinem Sohn mitten im Kriegsgeschehen geht und er ist durch neue Nachrichten so sehr besorgt, dass er beschloss, selbst in den Krieg zu ziehen, um seinen Sohn zu suchen und das ein Jahr vorm Ende des Krieges.

Beide Schicksale verschlägt es also in die Schlacht mit anderen Erwartungen und Hoffnungen. Man wird selbst im Verlauf der Geschichte beide Männer abwechselnd steuern, die jeweils unterschiedliche Funktionen nutzen können. Kurt kann mit seinem Stethoskop seine Feinde abhören, um so Nebensächlichkeiten oder den Verlauf der Story weiter anzutreiben. Harry kann fast jederzeit per Knopfdruck mit der Dreieck-Taste Fotos aufnehmen, die aber selbst arg begrenzt sind. Mit den gemachten Fotos lassen sich andere Dialoge mit seiner Brieffreundin umändern und so andere Gefühle und Eindrücke aus einer Sicht einer Zeitzeugin freischalten.

Dieses Anti-Kriegsspiel-Szenario wird seinem Genre vor allem gerecht, wenn es um die Darstellung von einzelnen Personen und Völkergruppen geht. So versucht man in keinster Weise die Deutschen als boshaft darzustellen. Hier geht es mehr darum, durch Repräsentanten seitens Kurt für die Deutschen und Harry für die Gegenposition, Kriegsbeteiligte menschlich darzustellen. Das wird durch kurze Ansprachen von Soldaten sehr bewusst. Wie viele andere haben alle Familien und sind furchtbar aufgeregt, wenn sie in die Schlacht ziehen müssen. Mit den steuerbaren Charakteren baut man eine persönliche Bindung auf und versteht selbst, wie schwer Entscheidungen und Schicksalsschläge sein können.

 

Nicht jeder ist ein Feind

Was dem ganzen Geschehen mehr Leben einverleibt sind die Synchronsprecher, die auch kurz vor dem nächsten Abschnitt rückblickend die Geschichte nacherzählen. Elijah Wood und Sebastian Koch kann man für die eingesprochene Texte nur loben, die für die Nahbarkeit dieser Charaktere beitragen. Jedoch ist es ziemlich fragwürdig, warum die Nacherzählung von Kurt und seiner Ehefrau englisch eingesprochen wurde, obwohl während des 1. Weltkriegs seine Passagen auf Deutsch waren. Dies kann für einige die Immersion einbrechen lassen, da es keinen Hinweis darauf gibt, warum für diese Nacherzählung in eine andere Sprache gewechselt wurde.

Ab dem zweiten Teil des Handlungsverlaufs gibt es ein tolles Gimmick in den angegebenen Untertiteln. Durch eine farbliche Unterscheidung ist das sprachliche Verständnis einer Figur sehr gut sichtbar, was klar zeigt, welches Gesagte verstanden wurde oder welches nicht. So gern man diese Idee nur bewundern kann, ist gleichzeitig etwas Bedauerliches festzustellen. Es gibt keine sichtbare Entwicklung seitens der Hauptprotagonisten, die eigentlich durch das Überleben miteinander und gegenseitige Unterstützung neue Dinge erlernen müssten. Warum dies nicht ausgenutzt wurde, obwohl das Potenzial da war, bleibt ein Rätsel.

Ab einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte wechselt man nicht nur zu den beiden Hauptfiguren, sondern es werden noch animalische Begleiter in diese Geschichte hinzugefügt. Mit denen lassen sich auch neue Wege bewältigen, die den Verlauf der Story weiter antreiben und somit das Gameplay etwas auflockern. Das ist deswegen bemerkenswert, da diese Tiere auf symbolische Art und Weise auf Harry und Kurt übertragen werden können. So hat man diese Charaktere innerlich und inhaltlich ein bisschen mehr erweitert.

 

Gemeinsam sind wir stark

Mit der X-Taste können andere Menschen angesprochen werden, um mehr über die Situation des aktuellen Geschehens beizusteuern. Mit der schon erwähnten Foto-Funktion lassen sich neue Dialoge freischalten, aber mithilfe von anderen Gegenständen oder das bloße Ansprechen von Personen, kann auch beim Zurückschreiben von Kurt die Auswahl an Antworten an seine Tochter erweitert werden.
Für ein Anti-Kriegsspiel-Adventure wird auch nach einer bestimmten Zeit das kooperative Element sichtbar. So muss man mit einer Figur den Schalter für den Aufzug bestätigen, während die andere auf der Transportmöglichkeit steht und so etwas einsammelt, um das nächste Hindernis zu überwinden. Generell ist das Spiel sehr einfach gehalten, denn man interagiert meistens nur mit Leuten, bewältigt eine kleine Anzahl an Stealth-Passagen und man trifft auf kleine Minispiele, die nicht der Rede wert sind, erklärt zu werden.

All die Antworten, die man der Geliebten Harrys oder an die Tochter Kurts übermittelt, sollen Auswirkungen auf das Ende haben, die sich miteinander unterscheiden sollen. Kurz vorm Ende angelangt, kann man es durch andere Entscheidungen beeinflussen, unterscheiden sich aber mehr oder weniger minimal. Dennoch verleiht jedes Ende für sich eine andere Art von Dramatik, die die Sinnlosigkeit des Krieges sehr stark akzentuiert. Dies ist aber so authentisch inszeniert, dass somit die Kluft der langen Zeit selbst nach über 100 Jahren überbrückt wird. Das war so beabsichtigt, da auch in den Credits die Bemerkung zum Gedenken an all die gefallenen Menschen und Tiere im Vordergrund gehalten wird.

Was man sehr sinnvoll eingebunden hat, sind die Collectibles. Hat man einen kompletten Teil einer Thematik gefunden, so kann man sich wichtige Hintergrundinfos über den ersten Weltkrieg anlesen. Man erfährt neue oder alte Dinge, die den Großteil der Geschichte der Menschheit nochmal abdeckt. So motivierend kann doch auf einmal die Jagd nach sammelbaren Fundstücken sein. Hat man dann aus Teil 1, Teil 2 oder Teil 3 alle gefunden, so erhält man zusätzlich einen kleinen Film, der mehr Wissenswertes über die grausamen Ereignisse schildert. Haltet also Ausschau danach!

Krieg ist die Hölle

Jetzt kommt man zu dem Punkt, was einen direkt beim Spielen auffallen sollte: Die Grafik! Es fällt besonders sehr stark auf, dass das gesamte Spiel im Stile eines impressionistischen Gemälde à la Claude Monet gestaltet wurde. Ständig ist die Umgebung verschwommen und einzelne Farbschemata bewegen sich viel zu viel, sodass es auf Dauer anstrengend sein kann. Zwar kann man die künstlerische Botschaft aus 11-11: Memories Retold mit diesem Artdesign herauslesen, jedoch hätte man es punktiert nur auf einige Stellen darauf beschränken sollen. So fallen einige Details und Gesichtszüge auf, die u.a. störend und zu surreal wirken.

Die Soundkulisse und Hintergrundmusik gehen soweit in Ordnung. Diese fällt nicht immer besonders auf, aber wenn sie es tut, dann auf eine förderlich emotionale Weise. Wenn man gerade ein Tier steuert, bemerkt man die verspielte und lockere Atmosphäre. Bei ernsteren Themen ist sie kaum zu bemerken und fällt nur unter gewissen Umständen auf. Die einen oder anderen Spannungen kann es geben, aber kommen eher selten.

Was man bedenken sollte, sind manchmal die gelegentlichen Bugs und Glitches im Spiel. Einige Stellen fallen dann erst so richtig auf, wenn man gerade versucht eine Leiter zu besteigen, aber der Charakter nach Erreichen seines Ziels nicht mehr aus dieser Kletter-Animation rauskommt. Da hilft es nur das Spiel neu zu starten. Gelegentliche andere Aussetzer gibt es hier noch zu bemängeln, man sollte also darauf gefasst sein, dass das eine oder andere Problem auftreten kann.

Auch hier gibt es Trophäen

Einen kleinen Teil der Trophäen schaltet man automatisch frei, wenn man den Verlauf weiter in Angriff nimmt. Wie auch in vielen anderen Spielen müssen alle Collectibles gesammelt werden, um so einen Schritt näher zur Platin zu kommen. Dazu muss auch der Einsatz der Tiere sinnvoll gesetzt werden.

Den restlichen und größeren Teil muss man durch kleine Nebenaufgaben erledigen. Diese werden aber nicht in Form einer Quest angezeigt, sondern man sieht mithilfe von Symbolen, was benötigt wird. Da es noch keinen richtigen Leitfaden gibt, muss man vieles selbst herausfinden. Insgesamt fällt es aber nicht schwer aus.

 

FAZIT

11-11: Memories Retold ist in seinem Genre als Anti-Kriegsspiel sehr denkwürdig, das mit sehr viel Respekt an diese Nacherzählung herangeht. Die angesprochenen Themen aus dem 1. Weltkrieg hinterlassen einen bleibenden Eindruck und helfen auch nach 100 Jahren diese Kluft zu überbrücken, insbesondere, da viele Zeitzeugen aus dieser Epoche nicht mehr leben. Auch wenn die tollen, spielerischen Ansätze zu sehen sind und die emotionale Tragweite den Spieler erreichen, so ist es bedauerlich, welche verpassten Chancen das Spiel liegen gelassen hat. Das Gimmick mit den Untertiteln, das Artdesign und die fragwürdigen englischen Nacherzählungen aus den Perspektiven von deutschen Beteiligten sind die größten Mankos. Nichtdestotrotz halte ich dieses Spiel für pädagogisch wertvoll, da es sehr deutlich die Schattenseiten von Kriegen darstellt und klar vermittelt, dass aus diesem Krieg so gut wie gar keine Sieger hervorgegangen sind.

 

7.5 von 10

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